Gesellschafts- und Vereinsrecht

Die in Deutschland gebräuchlichste rechtliche Form unternehmerischen Handelns ist der Einzelunternehmer (2018: 2.146.043 Einzelunternehmer). Sobald sich jedoch ein Unternehmer mit anderen zur gemeinsamen Verfolgung eines Unternehmenswecks verbindet, muss er sich mit dem Gesellschaftsrecht auseinandersetzen. Das gilt erst recht dann, wenn er das persönliche wirtschaftliche Risiko zu beschränken sucht.

In der Statistik liegen die Kapitalgesellschaften (zum Beispiel GmbH, AG) mit 736.279 Unternehmen an zweiter Stelle, an dritter Stelle liegen die Personengesellschaften (zum Beispiel OHG, KG) mit 395.415 Unternehmen, sonstige Rechtsformen werden von 205.954 Unternehmen genutzt. Die Anzahl der Beschäftigten aber, die ein jedes Unternehmen beschäftigt, spiegelt seine tatsächliche gesamtwirtschaftliche Bedeutung wieder. Hier liegen die Kapitalgesellschaften weit vorne, gefolgt von den Personengesellschaften, sonstigen Rechtsformen und schließlich den Einzelunternehmern. Daraus folgt:

Das Gesellschaftsrecht ist Grundlage nahezu allen relevanten unternehmerischen Handelns

Mitglied der Arbeitsgemeinschaft für Handels- und GesellschaftsrechtDie wichtigsten in Deutschland gebräuchlichen Gesellschaftsformen sind die Aktiengesellschaft, die GmbH und die Kommanditgesellschaft. Tatsächlich gibt es aber mindestens 27 unterschiedliche Körperschafts-/Gesellschaftsformen. Welche Körperschafts-/Gesellschaftsform für Sie die richtige ist, kann nur ein ausführliches anwaltliches Beratungsgespräch  ergeben, in dem das verfolgte Geschäftsmodell und das damit verbundene wirtschaftliche Risiko, die kurz- mittel- und langfristig beabsichtigte Gesellschafterstruktur, der beabsichtigte Kapitaleinsatz, die Kosten-/Nutzenrelation u.V.m eine Rolle spielen. Daher stellen wir im Folgenden nur kurz die die denkbaren Optionen dar.

Welche und wie viele Körperschafts-/Gesellschaftsformen gibt es überhaupt?

Das deutsche Recht allein kennt (mindestens) 28 unterschiedliche Körperschaften einschließlich ihrer Varianten und Kombinationen, und zwar

  1. die BGB-Gesellschaft nach §§ 705 ff. BGB, 
  2. die EWIV (Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung)
  3. die KG (Kommanditgesellschaft)
  4. die oHG (offene Handelsgesellschaft)
  5. Partenreederei
  6. PartG (Partnerschaftsgesellschaft),
  7. PartG mbB
  8. Stille Gesellschaft
  9. den nicht eingetragenen Verein
  10. den eingetragenen Verein nach § 21 BGB
  11. den wirtschaftlichen Verein nach § 22 BGB
  12. die rechtsfähige Siftung
  13. AG Aktiengesellschaft
  14. eG eingetragene Genossenschaft
  15. GmbH Gesellschaft mit beschränkter Haftung,
  16. UG (haftungsbeschränkt) Unternehmergesellschaft
  17. KGaA Kommanditgesellschaft auf Aktien
  18. REIT-AG Aktiengesellschaft, ausschließliche Tätigkeit im Immobiliensektor
  19. SCE Europäische Genossenschaft
  20. SE Europäische Aktiengesellschaft
  21. AG & Co. KG
  22. AG & Co. KGaA
  23. AG & Co. OHG
  24. GmbH & Co.
  25. GmbH & Co. KG
  26. GmbH & Co. KGaA
  27. GmbH & Co. OHG
  28. Stiftung & Co. KG

Personengesellschaften

Die Grundform von Gesellschaften an sich wird in in § 705 BGB definiert. Danach liegt eine sog. BGB-Gesellschaft vor, wenn sich mehrere Personen (die Gesellschafter) gegenseitig verpflichten, die Erreichung eines gemeinsamen Zweckes in der durch einen Vertrag bestimmten Weise zu fördern, insbesondere die vereinbarten Beiträge zu leisten. Die BGB-Gesellschaft ist die Mutter aller sog. Personengesellschaften. Dementsprechend verweist das HGB, das die sogenannten Personenenhandelsgesellschaften OHG und KG regelt, wie auch das Part GG letzten Endes immer zurück auf die Normen des BGB.

Die Haftung des einzelnen Gesellschafters ist bei einer BGB-Gesellschaft wie auch der OHG prinzipiell unbeschränkt. Auch die Komplementäre einer KG haften unbeschränkt, während die Haftung der Kommanditisten auf ihre Hafteinlage beschränkt ist. Ist die Komplementärin eine GmbH, dann liegt eine GmbH & Co. KG vor, bei der die Haftung der Gesellschafter auf die Summe ihrer jeweiligen Kommanditeinlage und ihres Anteils am Stammkapital der GmbH beschränkt ist; wurden diese eingezahlt und auch nicht zurück gewährt, haftet der Gesellschafter gar nicht mehr, sondern muss nur den Verlust der geleisteten Einlagen verkraften, wenn die Gesellschaft in Insolvenz gerät.

Bei nach dem „Gesetz über Partnerschaftsgesellschaften Angehöriger Freier Berufe“ eingetragenen Partnerschaft haften alle Partner für die Verbindlichkeiten der Partnerschaft (§ 8 Abs. 1 PartGG) mit Ausnahme der Ansprüche wegen fehlerhafter Berufsausübung; für diese haftet neben dem Vermögen der Partnerschaft nur der Partner, dem der Fehler unterläuft, § 8 Abs. 2 PartGG.  Jedoch kann, wenn die Partnerschaft eine zu diesem Zweck durch Gesetz vorgegebene Berufshaftpflichtversicherung unterhält, auch diese Haftung ausgeschlossen werden, wenn die Partnerschaft diese Haftpflichtversicherung abschließt und sich sodann als eine Partnerschaftgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung bezeichnet, abgekürzt PartG mbB, § 8 Abs. 4 PartGG.

Kapitalgesellschaften

Kapitalgesellschaften sind juristische Personen. Bei ihrer Errichtung leisten die Gründungsgesellschafter Einlagen, die zum eigenen Vermögen der juristischen Person werden. Es ist wichtig, diese Vermögenszuordnung zu verinnerlichen, denn die Wegnahme des Vermögens durch den Gesellschafter löst nicht nur seine Haftung aus, sondern kann sogar strafrechtliche Folgen nach sich ziehen.

Für Verbindlichkeiten der juristischen Person haftet allein sie selbst, ein Durchgriff auf ihre Gesellschafter ist grundsätzlich nicht, sondern nur bei Vorliegen sehr besonderer Tatbestände gegeben. Ist das Vermögen der Kapitalgesellschaft verbraucht, kann sie mithin ihre Verbindlichkeiten nicht mehr erfüllen, trifft ihre Organe eine Insolvenzantragspflicht.

Die wichtigsten Kapitalgesellschaften sind

  • die AG – Aktiengesellschaft
  • die eG – eingetragene Genossenschaft
  • die GmbH – Gesellschaft mit beschränkter Haftung, auch in der Form der UG (haftungsbeschränkt) Unternehmergesellschaft
  • die KGaA – Kommanditgesellschaft auf Aktien
  • die REIT-AG – eine Aktiengesellschaft, ausschließliche Tätigkeit im Immobiliensektor
  • die SCE – Europäische Genossenschaft
  • die SE – Europäische Aktiengesellschaft

Nichtkapitalistische Körperschaften - Vereine und Stiftungen

Der eingetragene Verein (e. V.), der wirtschaftliche Verein und die rechtsfähige Stiftung sind ebenfalls eigenständige juristische Personen, jedoch keine Kapitalgesellschaften.

Der Verein hat Mitglieder, aber nicht notwendigerweise ein Vermögen.

Der eingetragene Verein unterhält als sogenannter Idealverein grundsätzlich keinen auf Gewinn ausgerichteten wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb; jedoch kann er zur Erreichung seiner ideellen Ziele unternehmerische Tätigkeiten entfaltet, solange diese dem nicht-wirtschaftlichen Hauptzweck des Vereins zu- und untergeordnet und Hilfsmittel zu dessen Erreichung sind. Er kommt mit Eintragung in das Vereinsregister bei dem Amtsgericht an seinem satzungsmäßigen Sitz zustande.

Der Zweck des wirtschaftlichen Vereins ist demgegenüber auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet; er erlangt Rechtsfähigkeit durch staatliche Verleihung. Die Verleihung steht dem Land zu, in dessen Gebiet der Verein seinen Sitz hat. Der wirtschaftliche Verein nach § 22 BGB ist als Auffangskonstrukt („in Ermangelung besonderer bundesgesetzlicher Vorschriften„) zu verstehen; nur dann, wenn andere von der Rechtsordnung zur Verfügung gestellte Rechtsformen (z.B. AG, GmbH oder eG) nicht zumutbar oder ungeeignet sind, soll es einen Anspruch auf Verleihung der Rechtsfähigkeit nach § 22 BGB geben.  

Die rechtsfähige Stiftung hat ein dauerhaft dem Stiftungszweck gewidmetes Vermögen, aber keine Mitglieder, Gesellschafter oder Eigentümer.  Stiftung und Verein haften immer nur mit eigenem Vermögen gegenüber Dritten für vertragliche Verbindlichkeiten, die ihre Organe in ihrem Namen begründet haben, sowie für jeden Schaden, den ihre Organe Dritten zufügen. Ein Haftungsdurchgriff auf die Stifter oder Vereinsmitglieder ist nicht möglich.

Eine Organhaftung gegenüber dem Verein ist nur unter bestimmten Voraussetzungen denkbar. Ist das Organ unentgeltlich tätig oder erhält es für seine Tätigkeit eine Vergütung, die 720 Euro jährlich nicht übersteigt, haftet es dem Verein bzw. der Stiftung gegenüber für einen bei der Wahrnehmung ihrer Pflichten verursachten Schaden nur bei Vorliegen von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit.

Gesetz ... zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie

Das Gesetz über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie (GesRuaCOVBekG) sah Ausnahmen für anderenfalls gesetzlich oder nach Satzungsrecht der Körperschaften vorgeschriebene Zusammenkünfte (Mitgliederversammlungen, Hauptversammlungen, Gesellschafterversammlungen) vor. So konnten GmbH-Gesellschafterbeschlüsse auch in Textform oder durch schriftliche Abgabe der Stimmen auch ohne Einverständnis sämtlicher Gesellschafter gefasst werden, § 2 GesRuaCOVBekG. Vereine und Stiftungen konnten nach § 5 GesRuaCOVBekG auch dann, wenn dies in der Satzung nicht vorgesehen ist, die anderenfalls den als Präsenzveranstaltungen durchzuführenden Mitgliederversammlungen vorbehaltene Beschlüsse schriftlich oder im Wege der elektronischen Kommunikation herbeiführen. 

Diese ursprünglich bis zum 31.12.2020 befristeten Regelungen wurden durch Verordnung zur Verlängerung von Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins- und Stiftungsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie idF d. Art. 16 G v. 10.9.2021 bis zum 31.08.2022 verlängert. Eine weitere Verlängerung erfolgte nicht mehr. Stattdessen hat der Gesetzgeber auf die Erfahrungen aufgrund der Durchführung virtueller Versammlungen in der Weise reagiert, dass in den einschlägigen Einzelgesetzen Regelungen zur Durchführung virtueller Versammlungen aufgenommen wurden.

§ 118a AktG, einfügt durch Gesetz  vom 20.7.2022 (BGBl. I S. 1166), erlaubt die Durchführung virtueller Hauptversammlungen. § 32 Abs. 2 BGB (geändert durch Gesetz vom 9. Februar 2023) lautet nun: „Bei der Berufung der Versammlung kann vorgesehen werden, dass Mitglieder auch ohne Anwesenheit am Versammlungsort im Wege der elektronischen Kommunikation an der Versammlung teilnehmen und andere Mitgliederrechte ausüben können (hybride Versammlung). Die Mitglieder können beschließen, dass künftige Versammlungen auch als virtuelle Versammlungen einberufen werden können, an der Mitglieder ohne Anwesenheit am Versammlungsort im Wege der elektronischen Kommunikation teilnehmen und ihre anderen Mitgliederrechte ausüben müssen. Wird eine hybride oder virtuelle Versammlung einberufen, so muss bei der Berufung auch angegeben werden, wie die Mitglieder ihre Rechte im Wege der elektronischen Kommunikation ausüben können.